Am 6. April 2025 endete ein bedeutendes Kapitel der deutschen Energiegeschichte: Der 125 Meter hohe Kühlturm des Steinkohlekraftwerks Ibbenbüren fiel. Anaj und ich durften diesen historischen Moment mit der Kamera begleiten. Entstanden ist ein Video, das nicht nur den Moment einfängt, sondern auch die Stimmung dieser Veränderung spürbar macht.
Ein Kraftwerk mit Geschichte
Das Kraftwerk Ibbenbüren wurde 1985 offiziell in Betrieb genommen. Es gehörte zu den großen Steinkohlekraftwerken Deutschlands, mit einer installierten Leistung von 838 Megawatt. Der über 275 Meter hohe Schornstein und der markante Kühlturm prägten jahrzehntelang die Skyline der Region. Gemeinsam mit dem nahen Steinkohlebergwerk war es Sinnbild für den industriellen Aufschwung und später auch für den Wandel des Energiesektors.
Doch mit dem Ende der Steinkohleförderung in Deutschland und der Energiewende wurde auch dieses Kraftwerk stillgelegt. Am 18. Juli 2021 erfolgte der letzte Betrieb – seitdem begann der Rückbau.
Technischer Rückbau – Präzision statt Sprengung
Der Abriss des Kühlturms musste wegen asbesthaltiger Materialien ohne Sprengung erfolgen. Stattdessen wählten Experten ein aufwändiges, aber sicheres Verfahren:
- In 22 bis 32 Metern Höhe wurden 21 Schlitze in die Betonhülle eingefräst, je 11 Meter lang und 50 Zentimeter breit.
- Durch diese Schlitze wurde ein 8 Zentimeter starkes, 230 Meter langes Stahlseil gezogen.
- Dieses Seil wurde an ein Litzenzuggerät und zwei 100-Tonnen-Bagger gekoppelt.
- Durch das kontrollierte Anziehen des Seils wurde die Stabilität des Turms gezielt untergraben, bis er kippte und in sich zusammenfiel.
- 9.000 Tonnen Beton landeten in der gefluteten Kühlturmtasse, um die Staubentwicklung möglichst gering zu halten.
Ein gewaltiger technischer Eingriff – sorgfältig geplant und punktgenau umgesetzt.
Unser Videoprojekt: Ein Moment der Stille und Kraft
Beim Dreh vor Ort herrschte eine eigentümliche Stimmung: Respekt, Abschied, Faszination. Von zwei verschiedenen Positionen, ich stand mit meiner Tochter auf dem Dörenther Berg oberhalb der Sommerodelbahn und des Märchenwalds. Es war allerdings ein kleines Abenteuer, überhaupt einen guten Platz zu finden, denn wir waren nicht die Einzigen mit dieser Idee – etwa 800 bis 1000 Menschen hatten sich versammelt, um das Spektakel von dort mitzuerleben. In der Postproduktion war es mir besonders wichtig, die Wucht und Ruhe der Bilder zu bewahren und nicht durch hektische Schnitte zu zerstören, sondern ihnen Raum zu geben, z.B. duch den Einsatz von SlowMotion – ihre ganze Wirkung zu entfalten.
Besonders die Wahl der Musik war ein zentraler Punkt:
Das Lied im Video baut ruhig, fast melancholisch Spannung auf. Die weichen Töne greifen die Traurigkeit über das Ende einer Ära auf, während die unterschwellige Kraft der Melodie die unaufhaltsame Veränderung symbolisiert.
Als der Kühlturm fällt, hebt die Musik leicht an, fast wie ein stilles Verbeugen vor der Vergangenheit – ohne große Dramatik, ohne aufgesetzte Heroik. Stattdessen bleibt die Szene fast poetisch.
Gerade diese Mischung macht für mich die Wirkung des Videos aus:
Es ist kein lauter Abschied, sondern ein stilles, würdevolles Ende.